
So kommen die DBR-Forderungen im Koalitionsvertrag vor
Der Deutsche Behindertenrat hat vor der Wahl verschiedene Forderungen formuliert. Was davon hat die neue Bundesregierung in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen? Eine Analyse.
Die neue Bundesregierung hat sich zur Behindertenpolitik einige Dinge vorgenommen und Schwerpunkte gesetzt. Eine allgemeine Einschätzung zum Koalitionsvertrag hat der Deutsche Behindertenrat (DBR) bereits im April veröffentlicht (
Neuer Koalitionsvertrag steht - Vorhaben dürfen nicht an Finanzierung scheitern ). Doch an welchen Stellen soll genau für die Belange von Menschen mit Behinderungen gearbeitet werden? Der DBR hat einen genaueren Blick auf den Koalitionsvertrag geworfen und einige passagen mit seinen Forderungen verglichen.
Die Forderungen (per Klick direkt zur Forderung springen)
Forderung 1: Inklusion konsequent umsetzen
Forderung 2: Barrierefreiheit voranbringen
Forderung 3: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformieren
Forderung 4: Bundesinitiative Barrierefreiheit (BIBF) fortsetzen und weiterentwickeln
Forderung 5: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ausbauen
Forderung 6: Kommunikation und Medien zugänglicher machen
Forderung 7: Bezahlbaren barrierefreien Wohnraum schaffen
Forderung 8: Verkehr barrierefrei gestalten
Forderung 9: Barrieren im Gesundheitswesen abbauen
Forderung 10: Digitale Barrierefreiheit schaffen
Forderung 11: Diskriminierung bekämpfen
Forderung 12: Partizipation stärken
Forderung 13: Das SGB IX weiterentwickeln
Forderung 14: Teilhabe am Arbeitsleben verbessern
Forderung 15: Inklusive Bildung weiter umsetzen
Forderung 16: Kulturelle Teilhabe sichern
Forderung 17: Das SGB VIII reformieren
Forderung 18: Gewalt gegen Frauen bekämpfen
Forderung 19: Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen verbessern
Forderung 1: Inklusion konsequent umsetzen
Das hat der DBR gefordert: - Dass Aktionspläne (wie der Nationale Aktionsplan NAP 3.0) fortgeschrieben und umgesetzt werden.
- Dass Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände bei der Erarbeitung des NAP 3.0 beteiligt werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wir setzen uns für eine inklusive Gesellschaft im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ein."
Fazit
- Die Formulierung ist sehr allgemein gehalten, es gibt keine konkreten Vorgaben.
- Die Umsetzung muss durch die Verbände kritisch begleitet werden.
Forderung 2: Barrierefreiheit voranbringen Das hat der DBR gefordert: - Dass private Anbieter zu Barrierefreiheit verpflichtet werden.
- Dass das Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) weiterentwickelt wird.
- Dass die Verpflichtung zur Barrierefreiheit auf Parteien, Bundestagsfraktionen, Projektförderungen etc. ausgeweitet wird.
- Dass stärkere Sanktionen bei Nichteinhaltung der Barrierefreiheit eingeführt werden.
- Dass unterstützende Strukturen (z.B. Bundesfachstelle, Beauftragte) ausgebaut werden.
- Dass Barrierefreiheit zum Standard in Ausbildung, Prüfung und Vergaberecht wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Dazu werden wir die Barrierefreiheit im privaten und im öffentlichen Bereich verbessern. Auch in der Privatwirtschaft wirken wir auf Barrierefreiheit hin."
- "Wir entwickeln das Behindertengleichstellungsgesetz weiter, sodass unter anderem alle öffentlich zugänglichen Bauten des Bundes bis 2035 barrierefrei gestaltet werden."
- "Wir bauen ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und
Gebärdensprache auf."
Fazit
- Dass die Bundesregierung die Barrierefreiheit im privaten und öffentlichen Bereich verbessern will, ist positiv. Allerdings werden keine konkreten gesetzlichen Verpflichtungen benannt.
- Die BGG-Reform wird kommen, allerdings in reduzierter Form. Hier müssen die Verbände nachbessern.
- Dass ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache eingeführt werden soll, zeigt eine teilweise Berücksichtigung der DBR-Forderungen, weitergehende Strukturen fehlen aber.
Auf die weiteren Forderungen wurde nicht eingegangen. Forderung 3: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformieren Das hat der DBR gefordert: - Dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert wird - mit klaren gesetzlichen Regelungen, die auch private Anbieter zur Barrierefreiheit bei Zugänglichkeit, Nutzbarkeit und Auffindbarkeit verpflichten.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "AGG-Reform: Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb stärken und verbessern wir den Diskriminierungsschutz."
Fazit
- Die AGG-Reform wird ausdrücklich im Koalitionsvertrag genannt, ist aber nicht im Sofortprogramm der Bundesregierung.
- Der DBR und die Verbände müssen konsequent eine ambitionierte Überarbeitung fordern. Das ist angesichts der hohen Beratungszahlen bei der Antidiskriminierungsstelle (2024: 11.400 Anfragen, 27 Prozent wegen Behinderung/chronischer Erkrankung) besonders wichtig.
Forderung 4: Bundesinitiative Barrierefreiheit (BIBF) fortsetzen und weiterentwickeln Das hat der DBR gefordert: - Dass die Bundesinitiative Barrierefreiheit (BIBF) fortgesetzt und weiterentwickelt wird und dass sie nicht nur beratende und koordinierende Funktion hat, sondern Impulse für Gesetzesvorschläge erarbeiten kann.
- Dass die BIBF mit Budget ausgestattet wird, um die Planung und Umsetzung wirkungsvoller Förderprogramme zu ermöglichen.
- Dass die Umsetzung des Partizipationsgebots der UN-BRK gewährleistet wird, um Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände verbindlich bei allen Bundesvorhaben einzubinden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: Dieses Thema kommt im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich vor.
Fazit
- Die BIBF wird im Koalitionsvertrag nicht genannt. Der DBR und die Verbände müssen auf eine Fortführung drängen, damit Menschen mit Behinderung ihr Recht auf uneingeschränkte Teilhabe entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verwirklichen können.
- Im Mai 2025 wurde erstmals ein Zwischenbericht über die Tätigkeit der Bundesinititaive vorgelegt. Die BIBF ist unbefristet, fokussiert auf Bauen und Wohnen, Mobilität, Gesundheit und Digitales – Bereiche mit großem Veränderungsbedarf. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) soll die BIBF fortgeführt werden.
Forderung 5: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ausbauen Das hat der DBR gefordert: - Dass das BFSG als Spezialgesetz zur Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen des privaten Sektors ausgebaut wird, zum Beispiel in Bezug auf Postdienstleistungen, Haushaltsgeräte, Medizinprodukte, Selbstbedienungs- und Bezahlterminals.
- Dass der Anwendungsbereich auf beruflich genutzte Produkte und Dienstleistungen erweitert wird.
- Dass der Ausschluss regionaler Personenverkehrsdienstleistungen aufgehoben wird.
- Dass auch die bauliche Umwelt einbezogen wird.
- Dass die Übergangsfristen deutlich verkürzt werden.
- Dass weiterer Fortschritte auf europäischer Ebene zur Schließung von Lücken bei Produkten und Dienstleistungen gefördert wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: Dieses Thema kommt im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich vor.
Fazit
- Das BFSG wird im Koalitionsvertrag nicht genannt.
- Das Gesetz ist am 28. Juni 2025 in Kraft getreten und verpflichtet Unternehmen zur Barrierefreiheit, vor allem im E-Commerce. Dennoch ist das Gesetz aus Sicht des DBR noch zu eng gefasst und muss erweitert werden.
Forderung 6: Kommunikation und Medien zugänglicher machen Das hat der DBR gefordert: - Dass Angebote des öffentlichen und privaten Rundfunks sowie Streaming besser zugänglich gemacht wird, z. B. durch Untertitel, Gebärdensprache, Audiodeskription und Leichte Sprache.
- Dass geförderte Kinofilme mit Audiodeskription und Untertitelung verpflichtend in jedem Kino verfügbar sind und barrierefreie Fassungen zu jedem Film-Paket gehören.
- Dass Qualitätsstandards bei barrierefreien Filmfassungen gesetzlich sichergestellt werden.
- Dass das Telekommunikationsgesetz überarbeitet wird, insbesondere für Menschen mit Sinnesbehinderungen.
- Dass sichergestellt wird, dass taube, taubblinde und hör- oder sehbehinderte Menschen funktional gleichwertigen Zugang zu Notdiensten via Echtzeittext, Relay-Dienste und Notruf-App haben.
- Dass es kostenfreien Zugang zur Notruf-App des Bundes in Deutscher Gebärdensprache (DGS) und Schriftsprache rund um die Uhr gibt.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Kulturelle Teilhabe soll gewährleistet werden, geförderte Kulturangebote sollen vielfältig und inklusiv sein.
- "Das Filmförderungsgesetz werden wir im engen Dialog mit der Branche weiterentwickeln, Kinos werden wir durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt in Stadt und Land stärken (...)."
Fazit
- Die Aussagen sind sehr vage und nicht konkret auf Barrierefreiheit in Medien bezogen.
- Zu barrierefreien Filmfassungen und Zugänglichkeit gibt es keine ausdrückliche Regelung.
Forderung 7: Bezahlbaren barrierefreien Wohnraum schaffen Das hat der DBR gefordert: - Dass mehr bezahlbarer barrierefreier Wohnraum geschaffen wird und Bundesmittel an Länder für barrierefreien Neubau oder Umbau zweckgebunden werden und dass Vertretungen von Menschen mit Behinderungen beteiligt werden.
- Dass die Musterbauordnung (MBO) novelliert und die Landesbauordnungen mit verbindlichen Mindeststandards zur Barrierefreiheit angepasst wird.
- Dass Barrierefreiheit bei Neubauten Standard wird und es eine langfristige Förderkonstanz gibt.
- Dass Barrierefreiheit und -reduzierung Fördervoraussetzung, auch bei Städtebauförderung, wird und Menschen mit Behinderungen beteiligt werden.
- Dass die DIN-Norm DIN 18041 zur Barrierefreiheit für sinnesbehinderte Menschen verbindlich umgesetzt wird.
- Dass eine deutliche Erhöhung der Zuschussförderung im KfW-Programm "Altersgerecht Umbauen" wiedereingeführt und Modellvorhaben ausgewertet werden.
- Dass ein bundesweites Register für barrierefreien Wohnraum zur besseren Vermittlung und Planung von Bedarf eingerichtet wird.
- Dass ein gesetzlicher Ausschluss der Rückbauverpflichtung nach barrierefreier Umgestaltung von Mietwohnungen eingeführt wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wohnen wollen wir für alle Menschen bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich gestalten."
- "Wir stärken die städtebauliche Entwicklung unseres Landes, gerade auch in den ländlichen Räumen, bekämpfen Leerstand in strukturschwachen Regionen, stärken Innenstädte und soziale Infrastrukturen und passen sie an Klimawandel sowie Barrierefreiheit an."
- "Investitionen in den sozialen Wohnungsbau werden schrittweise deutlich erhöht, in diesem Rahmen werden die Mittel für Junges Wohnen verdoppelt und Mittel für barrierefreies, altersgerechtes Wohnen zur Verfügung gestellt."
Fazit
- Es sind gute Ansätze erkennbar, allerdings gibt es keine klaren Zweckbindungsvorgaben, zwingende gesetzliche Verankerungen der Barrierefreiheit im Bauwesen fehlen.
- Barrierefreiheit als Ziel ist positiv, jedoch sind noch keine verbindlichen Fördervoraussetzungen genannt. Bei der genannten DIN-Norm wäre eine gesetzliche Klarstellung dringend notwendig. Auch der Schutz von barrierefreiem Wohnraum sollte gesetzlich garantiert werden.
- An vielen Stellen sollte der DBR auf konkretere Verankerung und Nachbesserung pochen.
Forderung 8: Verkehr barrierefrei gestalten Das hat der DBR gefordert: - Dass sichergestellt wird, dass Ein- und Ausstiegshilfen an allen Bahnhöfen zu allen Zugfahrzeiten verfügbar sind.
- Dass Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) mit festen, zeitnahen Barrierefreiheitszielen versehen wird und es bei Nichteinhaltung Sanktionen gibt.
- Dass Abläufe und Informationen so organisiert sind (z.B. 2-Sinne-Prinzip), dass sie gute Orientierung für alle Menschen mit Beeinträchtigung bieten.
- Dass Kompensationsregelungen im nationalen Umsetzungsplan für nicht vollständig barrierefreie Bahnhöfe gefunden werden und dass das Modernisierungsprogramm für kleine Bahnhöfe verstetigt und ausgeweitet wird.
- Dass gesetzgeberische Maßnahmen für barrierefreie Flugreisen (Bordtoiletten, Bordrollstühle, barrierefreie Infos etc.) sorgen und Umsetzungspläne mit Verbänden verfolgt werden.
- Dass beim Personenbeförderungsgesetzes nachgebessert wird mit Blick auf barrierefreie digitale Angebote, Buchungssysteme inkl. Rollstuhlstellplätze und klare Anforderungen an barrierefreie Fahrzeuge.
- Dass die Erkenntnisse aus der Evaluation des Behindertengleichstellungsgesetzes und eine Erweiterung der Verbandsklagemöglichkeiten, gesetzliche Beteiligung Betroffener bei der Fahrzeuggestaltung und Verpflichtungsklagen statt Feststellungsklagen umgesetzt werden.
- Dass Barrierefreiheit als gleichberechtigtes Schutzziel im Straßenverkehrsrecht verankert wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Programme zur Modernisierung von Bahnhöfen, zur Schaffung von Barrierefreiheit und zum Lärmschutz werden fortgesetzt."
- "Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird vereinfacht und entbürokratisiert, für innovative
Ansätze (zum Beispiel Magnetschwebebahn) geöffnet und der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen erleichtert." - "Zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) werden Bund und Länder die ÖPNV-Finanzierung auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen und einen Modernisierungspakt starten."
Fazit
- Die Pläne zu Modernisierungen und deren Finanzierung sind positiv, jedoch fehlt eine klare verbindliche Frist und Kontrolle der Umsetzung. Auch Sanktionen bei Nichteinhaltung oder verbindliche Verträge werden nicht genannt.
- Zu den weiteren Forderungen fehlen konkrete Vorhaben und Pläne, etwa um Diskriminierung an kleinen Bahnhöfen zu vermeiden. Auch fehlen Rechtsinstrumente. Gesetzgeberische Schritte, Barrierefreiheit als gleichberechtigtes Schutzziel im Straßenverkehrsrecht zu verankern, sind offenbar nicht geplant.
Forderung 9: Barrieren im Gesundheitswesen abbauen Das hat der DBR gefordert: - Dass der Aktionsplan für ein barrierefreies und diverses Gesundheitswesen konkret umgesetzt wird.
- Dass zeitnah gesetzgeberische Maßnahmen eingeleitet und laufend evaluiert werden, besonders zur Umsetzung der Richtlinie über Barriere-Auskunft in Arztpraxen.
- Dass Transparenz geschaffen wird, wo Barrieren im Gesundheitswesen bestehen und parallel Maßnahmen zum Abbau dieser Barrieren ergriffen werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wir entwickeln das Gesundheitswesen und die Pflegeversorgung barrierefrei und inklusiv weiter."
Fazit
- Im Koalitionsvertrag wird lediglich eine allgemeine Absichtserklärung formuliert, ohne konkrete Maßnahmen oder Zeitpläne zu nennen.
- Zu gesetzgeberischen Maßnahmen gibt es keine Priorisierung und Konkretisierung.
- Der DBR sollte verstärkt Forderungen nach Transparenz und konkretem Handeln im Gesundheitswesen einbringen.
Forderung 10: Digitale Barrierefreiheit schaffen Das hat der DBR gefordert: - Gesundheit : Dass barrierefreier Zugang zur elektronischen Patientenakte und digitalen Gesundheitsanwendungen für alle Leistungserbringer verpflichtend wird.
- Arbeit : Dass alle beruflich genutzte Software barrierefrei sein muss, dass Arbeitgeber assistive Technologien ermöglichen müssen und Sicherheitsprobleme beseitigt werden.
- Bildung : Dass es einen Bund-Länder-Dialog für barrierefreie digitale Bildung, bundesweit abgestimmte barrierefreie Lernplattformen und Systeme gibt.
- Sozialleistungen : Dass Anbieter von Sozialleistungen digitale Angebote barrierefrei bereitstellen müssen, analoger Zugang aber trotzdem erhalten bleibt.
- Strukturen & Prozesse : Dass Barrierefreiheit in Ausschreibung, Entwicklung und Umsetzung verbindlich gemacht und kontrolliert wird.
- Förderprogramme : Dass Förderprogramme des Bundes digitale Barrierefreiheit als Pflichtvorgabe enthalten müssen und es spezielle Programme für barrierefreie Innovationen gibt.
- Ausbildung & Mitwirkung : Dass Barrierefreiheit Bestandteil von Ausbildungs-, Prüfungs- und Weiterbildungsprogrammen sein muss und Menschen mit Behinderungen aktiv eingebunden werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Noch 2025 rollen wir die elektronische Patientenakte stufenweise aus, von einer bundesweiten Testphase zu einer verpflichtenden sanktionsbewehrten Nutzung."
- "Rahmenbedingungen und Honorierung für Videosprechstunden, Telemonitoring und Telepharmazie verbessern wir, um die Versorgung flächendeckend sicherzustellen."
- "Wir stärken digitale Kompetenzen, um allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen (...)."
- "Wir unterstützen einen elektronischen Europäischen Sozialversicherungsausweis mit digitaler EU-Identität (EUDI-Wallet)."
- "Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und "Digital-Only": Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform ("One-Stop-Shop") ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform."
- "Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein. Dazu wollen wir Verwaltungsleistungen digitalisieren und barrierefrei anbieten."
Fazit
- Beim Thema Gesundheit zeigt der Koalitionsvertrag Ambitionen, der DBR muss auf die Umsetzung und Barrierefreiheit bei Gesundheits-IT achten.
- Auch darauf, dass digitale Arbeitsmittel wirklich barrierefrei gestaltet und nutzbar sind, muss der DBR ein Auge haben.
- Beim Thema Bildung gibt es einen Fokus auf digitaler Teilhabe, aber keine konkrete Erwähnung eines Bund-Länder-Dialogs zur digitalen Barrierefreiheit. Der DBR sollte hier Nachdruck ausüben, damit bundesweit einheitliche barrierefreie Bildungstechnologien entstehen.
- Bei den Sozialleistungen sieht der Koalitionsvertrag Digitalisierung vor, der DBR muss dabei Barrierefreiheit einfordern und die Sicherstellung analoger Zugänge prüfen.
- Auch bei der Verwaltungsmodernisierung, den Förderprogrammen und dem Bildungswesen muss der DBR auf verbindliche gesetzliche Vorgaben und Kontrollmechanismen drängen, das Einhalten von Barrierefreiheitsvorgaben sicherstellen und die Einbindung und Schulung im Bereich Barrierefreiheit in Ausbildungspläne einfordern.
Forderung 11: Diskriminierung bekämpfen Das hat der DBR gefordert: - Dass das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) reformiert wird, inklusive der Verpflichtung Privater zur Barrierefreiheit.
- Dass Diskriminierung im Vertragswesen – etwa bei Versicherungen, im Berufsleben und auf dem Wohnungsmarkt - verhindert wird.
- Dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG mit klaren Barrierefreiheitspflichten für private Anbieter reformiert wird.
- Dass Verstöße gegen Barrierefreiheit als Diskriminierung sanktioniert werden.
- Dass der Schutz behinderter Menschen auf alle öffentlichen Angebote ausgeweitet wird.
- Dass der geschützte Personenkreis erweitert wird.
- Dass Ungleichbehandlungsgründe eingeschränkt werden - es zum Beispiel keinen Ausschluss durch Versicherungen geben darf.
- Dass der Rechtsschutz verbessert wird, etwa durch längere Fristen, das Verbandsklagerecht, die Prozessstandschaft, niedrigschwellige Schlichtung, Unterlassungsklagen und anderes.
- Dass ein Rechtsmittelfonds zur Unterstützung von Verbandsklagen eingführt wird.
- Dass die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie (5. Richtlinie) unterstützt wird.
- Dass das Verbandsklagerecht auch für Antidiskriminierungsverbände gilt und umfassende Klagearten zur Durchsetzung der Rechte geschaffen werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "AGG-Reform : Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb stärken und verbessern wir den Diskriminierungsschutz."
- "Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle wird fortgesetzt. Wir werden den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aufbauend auf einer wissenschaftsbasierten Rassismus-Definition neu auflegen, um Rassismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen zu bekämpfen."
- "Wir verpflichten uns weiterhin, queeres Leben vor Diskriminierung zu schützen. Es muss für alle
Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung selbstverständlich sein, gleichberechtigt,
diskriminierungs- und gewaltfrei leben zu können. Dazu wollen wir mit entsprechenden Maßnahmen das Bewusstsein schaffen, sensibilisieren und den Zusammenhalt und das Miteinander stärken."
Fazit
- Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag sind allgemein gehalten und sprechen Diskriminierungsschutz an, ohne konkrete Barrierefreiheits- und Verbandsklage-Verbesserungen zu benennen.
- Der DBR muss deshalb weiter nachdrücklich auf Reformen im Sinne der Forderungen drängen.
Forderung 12: Partizipation stärken Das hat der DBR gefordert: - Dass eine gesetzliche Grundlage für barrierefreie Mitwirkung bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen geschaffen wird.
- Dass klare, verbindliche Prozesse, Strukturen und Verantwortlichkeiten festgelegt werden.
- Dass die verbindliche Umsetzung der UN-BRK-Partizipationsstandards auf alle Bundesressorts ausgedehnt und in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) verankert wird.
- Dass der Partizipationsfonds aufgestockt und weiterentwickelt und auch die Förderung kleiner Verbände sichergestellt wird.
- Dass der DBR nachhaltig und unbürokratisch gefördert wird.
- Dass ein behinderungsübergreifender Beteiligungsansatz verfolgt wird.
- Dass Beteiligungsvorgaben auch für Verordnungen geschaffen und rechtlich verbindlich gemacht werden.
- Dass rechtliche Folgen bei der Verletzung von Beteiligungsvorgaben, zum Beispiel dem Prüfrecht des Bundespräsidenten, eingeführt werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Gute Gesetzgebung ist gründlich, integrativ und transparent. Unser Recht muss verständlich und digitaltauglich sein. (...) Bereits in der Frühphase von Gesetzgebungsverfahren werden wir Praxischecks durchführen und Betroffene sowie Vollzugsexperten und -expertinnen aus Bund, Ländern und Kommunen mit angemessenen Fristen (in der Regel vier Wochen) beteiligen."
- "Wir wollen den Bundestag zu einem moderneren Gesetzgebungsorgan weiterentwickeln. Der Bundestag muss die Regierung und die Verwaltung effektiv kontrollieren können. (...) Ergänzend zur repräsentativen Demokratie setzen wir dialogische Beteiligungsformate wie zivilgesellschaftliche Bürgerräte des Deutschen Bundestages fort."
Fazit
- Der Koalitionsvertrag nennt allgemeine Beteiligungsformate und bessere Einbindung, berücksichtigt aber nicht die explizite, barrierefreie und gesetzlich verankerte Partizipation von Menschen mit Behinderungen nach UN-BRK.
Forderung 13: SGB IX weiterentwickeln Das hat der DBR gefordert: - Dass es gesetzliche Vorgaben für konsequente, personenzentrierte Bedarfsermittlung und Leistungserbringung gibt.
- Dass der personenzentrierte Ansatz des BTHG strikt umgesetzt wird.
- Dass die Möglichkeit des "Zwangspoolens" von Leistungen geprüft und gegebenenfalls zurückgenommen wird.
Beobachtungen: - Trägerübergreifendes Zusammenwirken und Zusammenführung von Einzelanträgen in Verfahren der Bedarfsdeckung wird zu selten umgesetzt. Gesamt- und Teilhabeplanverfahren werden trotz großem Aufwand nicht als ICF-basierter Standard praktiziert.
- Menschenrechtsbasierter Sicherstellungsauftrag (Artikel 26 UN-BRK, Artikel 3 Grundgesetz, § 95 SGB IX) zur personenzentrierten Hilfeerbringung ist oft nicht gewährleistet; Verwaltungsvorschriften deckeln Leistungen.
- Es besteht Bedarf an zuverlässigen Informationen und regelmäßiger Prüfung der Angebotslage und ein koordiniertes Vorgehen aller Akteure wäre notwendig.
- Die BTHG-Umsetzung wird oft nur als Aushandlungsprozess zwischen Kostenträgern gesehen, Streitigkeiten gehen zulasten der Betroffenen.
- Verfahrenswege sind oft intransparent; Beratungs- und Unterstützungspflichten der Träger werden nicht ausreichend erfüllt.
ICF-orientierte Bedarfsfeststellung wird oft nicht unbürokratisch und praktikabel umgesetzt. - Träger der Eingliederungshilfe halten sich oft nicht an Vorgaben des § 62a SGB XII i.V.m. § 103 Abs. 2 SGB IX, Leistungen sind teilweise nicht bedarfsgerecht.
- Gremienarbeit zur Umsetzung des BTHG stagniert oder wird teilweise eingestellt.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Gemeinsam mit den Ländern und Kommunen werden wir auf Grundlage der Evaluationen zum Bundesteilhabegesetz dessen Umsetzung und Ausgestaltung beraten. Wir werden eventuelle Änderungsbedarfe unter anderem zum Bürokratieabbau identifizieren und prüfen dabei Pauschalierungen."
- "Wir werden das Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege zur Schließung von Versorgungslücken klären."
- "Das System der Rehabilitation und Teilhabe werden wir im Sinne des Prinzips "Leistung aus einer Hand" weiterentwickeln und dabei die spezifischen Bedarfe von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in den Blick nehmen."
- "Auf der Basis der Evaluation werden wir die Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen weiterentwickeln und ihre Finanzierung sicherstellen."
Fazit
- Einige Stellen, an denen der DBR Schwierigkeiten beobachtet hat, werden laut Koalitionsvertrag in den Blick genommen und verändert.
Einige Forderungen kommen hingegen nicht vor. Forderung 14: Teilhabe am Arbeitsleben verbessern Das hat der DBR gefordert: - Dass das Entgeltsystem novelliert wird und es eine Neuausrichtung der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gibt, um Durchlässigkeit und Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.
- Dass Übergänge von Werkstätten zum ersten Arbeitsmarkt weiter erleichtert werden und kooperative Modelle zwischen Werkstätten und Arbeitgebern erprobt und flächendeckend umgesetzt werden.
- Dass die Leistungen des SGB IX im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben ergänzt werden.
- Dass das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gestärkt und verbindlich gemacht wird, etwa durch die Einführung eines individuellen Rechtsanspruchs, die Unwirksamkeit krankheitsbedingter Kündigungen ohne BEM, die Einbindung betrieblicher Interessenvertretungen und die Einbeziehung der Schwerbehindertenvertretungen (SBV) vor Kündigungen.
- Dass die (SBV) gesetzlich gestärkt werden, unter anderem vor personellen Maßnahmen zu informieren und anzuhören.
- Dass die Bußgeldsanktion für Arbeitgeber bei Verstoß gegen die Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen wieder eingeführt wird und die Zuständigkeit von der Bundesagentur für Arbeit zum Zoll verlagert wird.
- Dass es keine Ausgrenzung von Menschen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gibt und mehr Teilhabe- und Wahlmöglichkeiten geschaffen werden.
- Dass die Wirksamkeit von Instrumenten wie Budget für Arbeit und Ausbildung beobachtet wird.
- Dass die Voraussetzung "Erbringung eines Mindestmaßes wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung" (§ 219 Abs. 2 SGB IX) gestrichen wird, um Teilhabe für alle Menschen mit Behinderung zu ermöglichen.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wir werden die Aufnahme einer Arbeit für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verstärkt fördern.Dafür werden wir die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) mit Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und der Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit besser vernetzen und die Schwerbehindertenvertretungen stärken."
- "Wir werden die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Rehabilitation, Werkstätten für behinderte Menschen, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt und die Zugangssteuerung der Reha-Träger verbessern."
- "Wir wollen Werkstätten für behinderte Menschen erhalten und reformieren."
- "Wir sorgen dafür, dass mehr Menschen aus einer Werkstatt auf den Arbeitsmarkt wechseln können. Wir werden den Berufsbildungsbereich stärker auf den Arbeitsmarkt ausrichten, den Nachteilsausgleich auch bei Übergängen erhalten und das Budget für Arbeit attraktiver machen."
- "Wir wollen das Werkstattentgelt verbessern."
- "Die nachrangige Förderung von Werkstätten und Wohnheimen für Werkstattbeschäftigte aus der Ausgleichsabgabe wird gesetzlich ermöglicht."
- "Wir werden die Teilhabechancen von Menschen mit komplexen Behinderungen verbessern."
- "Wir wollen die Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Entwicklung von KI-Systemen berücksichtigen. Wir unterstützen den Erwerb digitaler Kompetenzen und eine barrierefreie digitale Infrastruktur am Arbeitsmarkt sowie in außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen."
- "Wir wollen Familien helfen, den alltäglichen Spagat zwischen Kindererziehung, Arbeit, Haushalt, Pflege und auch Erholung besser bewältigen zu können. Deshalb prüfen wir ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen, das wir digital zugänglich machen."
- "Wir wollen das Betriebliche Eingliederungsmanagement auch aufgrund zunehmender psychischer Erkrankungen bekannter machen und stärken die Bekanntheit besonders in kleinen und mittleren Unternehmen. Um Klarheit und Verbindlichkeit zu schaffen, beschleunigen wir die Feststellung der Erwerbsfähigkeit."
Fazit
- Die Ankündigungen zur Weiterentwicklung eines inklusiven Arbeitsmarktes und Reformen bei WfbM sind grundsätzlich zu begrüßen.
- Innerhalb des DBR gibt es unterschiedliche Meinungen, aber Konsens, dass die Ausgleichsabgabe ausschließlich für die Förderung des inklusiven Arbeitsmarktes verwendet werden darf – nicht zur Finanzierung von WfbM und Wohnheimen.
- Das BMAS wird auf Basis der Ergebnisse gesetzliche Änderungen für die Durchlässigkeit auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten, konkrete Abläufe sind derzeit noch unklar.
- Bei der gesetzlichen Stärkung der SBV bleibt die Forderung, dass die Umsetzung der Teilhabe am Arbeitsleben inklusiv, individuell und ohne Benachteiligung erfolgen muss.
- Ob die Instrumente wie Budget für Arbeit die tatsächlichen Übergänge und Qualitäten für Menschen mit Behinderungen verbessern muss kritisch beobachtet werden.
- Die Forderungen zur Stärkung von BEM und SBV bleiben aktuell und notwendig.
Forderung 15: Inklusive Bildung weiter umsetzen Das hat der DBR gefordert: - Dass entschiedener Widerstand gegen alle Versuche, inklusive Bildung zurückzudrehen oder zu bremsen geleistet wird.
- Dass eine verbindliche Gesamtstrategie für inklusive Bildung mit Zeitplänen, Umsetzungskonzepten, Ressourcen, messbaren Zielen und Qualitätskriterien erarbeitet wird. Dabei sind Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in der Pflicht.
- Dass das strikte Kooperationsverbot im Bildungsbereich aufgehoben wird, damit der Bund inklusiv wirken kann.
- Dass eine gesetzlich verankerte Pflicht des Staates eingeführt wird, personelle, räumliche und sächliche Voraussetzungen zu schaffen, damit behinderte Schüler Regelschulen besuchen können (aktuell sind diese in keinem Bundesland vorhanden).
- Dass Barrierefreiheit an Hochschulen sichergestellt wird.
- Dass Nachteilsausgleiche in der Ausbildung systematisch und rechtssicher verankert werden.
- Dass die barrierefreie Digitalisierung in Schulen und Hochschulen durch gesetzliche Vorgaben für Beschaffung von Hard- und Software vorangetrieben wird.
- Dass Behinderungen im Bildungsalltag selbstverständlich gemacht werden machen, auch in Bezug auf Schulbücher, Gebärdensprache und die Einbindung von Behindertenverbänden.
- Dass sichergestellt wird, dass es ausreichend viele Lehrkräfte mit Gebärdensprachkompetenz gibt.
- Dass die deutsche Gebärdensprache als Unterrichtsfach an Schulen für Gehörlose und als Wahlpflichtfach an allgemeinbildenden Schulen bundesweit anerkannt wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wir fördern Bildungsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Inklusion."
- "Wir werden frühkindliche Bildung sowie Bildungsübergänge stärken und die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss senken."
- "Wir bekennen uns zum Bildungsföderalismus. In diesem Rahmen wollen wir die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen mit gemeinsam getragenen, übergreifenden Bildungszielen verbessern und effizienter gestalten."
- "In einer Kommission sollen Bund und Länder unter Einbeziehung der Kommunen insbesondere Vorschläge zur Entbürokratisierung, für die beschleunigte Umsetzung gemeinsamer Projekte und für konstruktive Kooperation vereinbaren. Unter Achtung der jeweiligen Zuständigkeiten wollen wir gemeinsam mit den Ländern für die nächste Dekade relevante und messbare Bildungsziele vereinbaren und eine datengestützte Schulentwicklung und das Bildungsverlaufsregister schaffen."
- "Die Einführung einer zwischen den Ländern kompatiblen, datenschutzkonformen Schüler-ID unterstützen wir und ermöglichen die Verknüpfung mit der Bürger-ID."
- "Die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit von Schule, Jugend- und Eingliederungshilfe stärken wir und verzahnen Bundeskompetenzen entlang der Bildungsbiografie organisatorisch und inhaltlich stärker."
Fazit
- Trotz bisheriger Versäumnisse der letzten Regierung signalisiert der Koalitionsvertrag eine positive Verpflichtung zu Bildungsgerechtigkeit und Inklusion.
- Die amtierende Bildungsministerin wird daran gemessen, ob ein umfassender Plan zur Beschleunigung der inklusiven Bildung vorgelegt wird, der konkrete Zeitpläne, Ressourcen und Verantwortlichkeiten auf Länder- und Kommunalebene regelt.
- Der DBR und die Verbände werden weiterhin eine konsequente Umsetzung der inklusiven Bildung im gesamten Bildungssystem einfordern. Der Fokus liegt darauf, die Förderschulen zu überwinden und inklusives Lernen in Regelschulen und Hochschulen zu gewährleisten.
Forderung 16: Kulturelle Teilhabe sichern Das hat der DBR gefordert: - Dass Bund, Länder und Kommunen bauliche Barrierefreiheit in Kultureinrichtungen verbessern und gesetzliche Verbindlichkeit für Bestandsgebäude im öffentlichen Kulturbetrieb schaffen.
- Dass die Belange von Menschen mit Behinderungen bei Abwägungen (z. B. Denkmalschutz) besonderes Gewicht erhalten.
- Dass Mehrkosten nicht zulasten der inhaltlichen Arbeit gehen dürfen.
- Dass Förderprogramme für private Kulturbetriebe aufgelegt werden.
- Dass Barrierefreiheit und Inklusion als Leitbild in öffentlichen Kunst- und Kultureinrichtungen verankert und umgesetzt werden (inklusive Design for all, barrierefreie Programmplanung, Werbung, Vermittlung).
- Dass der Bund Forschung und Entwicklung von KI-Lösungen fördert, die barrierefreien Zugang zu Museen, Theater, Medien verbessern (z. B. Leichte Sprache, Audiodeskription, Gebärdensprache).
- Dass die Beschäftigung und Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen in Kunst und Kultur, auch mit Bundesförderung erhöht wird.
- Dass die Datenlage über Menschen mit Behinderung im Kunst-, Kultur- und Medienarbeitsmarkt durch Studien verbessert wird.
- Dass barrierefreie Antragsmöglichkeiten und Jurybesetzung bei Künstler*innenförderung auf Bundes- und Landesebene geschaffen werden.
- Dass es eine Assistenzmöglichkeiten bei Förderanträgen gibt.
- Dass Länder Organisationen von Menschen mit Behinderungen die Beteiligung an Rundfunkräten ermöglichen.
- Dass das Filmförderungsgesetz geändert wird und ein Diversitätsbeirat mit Beteiligung von Menschen mit Behinderungen eingerichtet wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Kunst und Kultur sind frei. Sie zu fördern ist eine öffentliche Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam wahrnehmen müssen. Eine lebendige kulturelle Infrastruktur zählt zur Daseinsvorsorge. Museen, Theater, Kinos, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren oder Galerien gehören auch in den ländlichen Raum. Sie sind Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse. Wir wollen kulturelle Teilhabe aller Menschen gewährleisten."
- "Das Filmförderungsgesetz werden wir im engen Dialog mit der Branche weiterentwickeln, Kinos werden wir durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt in Stadt und Land stärken und die digitale Sicherung des Filmerbes vorantreiben."
- "Zu viele Menschen werden durch den Sport nicht erreicht. Daher setzen wir uns für Inklusion ein, damit mehr Menschen Sport treiben können. Wir werden den Behindertensportverband und die Special Olympics weiter unterstützen. Für benachteiligte Familien werden wir den Zugang zu Sportangeboten verbessern."
Fazit
- Der Koalitionsvertrag macht keine konkreten Ankündigungen für eine barrierefreie und inklusive Teilhabe an Kunst und Kultur. Stattdessen bleiben die Aussagen allgemein.
- Für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Kunst, Kultur, Ausbildung und Arbeitsmarkt ist ein Austausch mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien notwendig. Ziel muss die Identifikation und Beseitigung von Barrieren in Kunst, Kultur und Medien sein.
Forderung 17: Das SGB VIII reformieren Das hat der DBR gefordert: - Dass die inklusive Lösung, bei der alle Eingliederungshilfe-Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung bis 2028 von der Kinder- und Jugendhilfe erbracht werden, umgesetzt wird.
- Dass es keine Leistungsverschlechterungen gibt, der bisherige Umfang und die Qualität müssen erhalten bleiben.
- Dass die finanzielle Ausstattung der zuständigen Leistungsebene sichergestellt ist.
- Dass alle Leistungen aus SGB XII und BTHG im SGB VIII übernommen werden, inkl. Kinder mit drohender Behinderung.
- Dass ein einheitlicher Behinderungsbegriff gemäß § 2 SGB IX (UN-Behindertenrechtskonvention) als Grundlage dient.
- Dass (drohende) Behinderung Zugangskriterium ist und auf das Wesentlichkeitskriterium verzichtet wird.
- Dass das Wunsch- und Wahlrecht nach § 104 Abs. 2 und 3 SGB IX verankert wird.
- Dass das Recht auf Teilhabe nicht erziehungs- und entwicklungsbezogen untergeordnet werden darf.
- Dass Frühförderung als niedrigschwellige Komplexleistung erhalten bleibt, inklusive bundeseinheitlicher Standards und bedarfsgerechter Finanzierung.
- Dass qualifiziertes Fachpersonal und Knowhow bei Jugendämtern sichergestellt wird.
- Dass das Rehabilitations- und Teilhaberecht des SGB IX Teil 1 angewandt und von Jugendämtern ernst genommen wird.
- Dass Rechtssicherheit durch verbindliche Leistungsvereinbarungen analog §§ 123 ff. SGB IX geschaffen wird.
- Dass ambulante Leistungen nicht mit niedrigschwelligen Angeboten gleichgesetzt werden und ein öffentlich-rechtlicher Zahlungsanspruch verankert wird.
- Dass es keine Ausweitung der Kosten- und Unterhaltsbeteiligung der Eltern gibt und behinderungsbedingte Kosten staatlich übernommen werden.
- Dass inklusive Bedarfsermittlung und Hilfeplanung mit Beteiligung der Kinder, Jugendlichen und Eltern vorgenommen wird.
- Dass Übergangsregelungen zum Erwachsenenleben geschaffen werden.
- Dass ein kommunales Beteiligungsmanagement zur Einbindung von Menschen mit Behinderungen und Verbänden eingeführt wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Das Ziel der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe durch Reduzierung der Schnittstellen soll weiterverfolgt werden, um den betroffenen Familien den Zugang zu Leistungen zu erleichtern und die Behörden zu entlasten. Wir werden zeitnah beginnen, gemeinsam mit Ländern und Kommunen unter Einbeziehung des umfangreichen Beteiligungsprozesses eine für sie umsetzbare Lösung zu erarbeiten."
- "Die sozialrechtlichen Rechtsgebiete Wohngeld, BAföG, Unterhaltsvorschuss sowie die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII wollen wir sachgerecht der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zuordnen."
Fazit
- Der Koalitionsvertrag signalisiert Fortschritte bei inklusiver Kinder- und Jugendhilfe.
- Der DBR und die Verbände begleiten die Entwicklungen weiterhin kritisch und aufmerksam.
Forderung 18: Gewalt gegen Frauen bekämpfen Das hat der DBR gefordert: - Dass Änderungen im Gewaltschutzgesetz für Bewohnerinnen von Einrichtungen und Assistenznehmerinnen vorgenommen werden.
- Dass interne und externe Beschwerdestellen sowie Monitoring eingerichtet werden.
- Dass Mindeststandards für Gewaltschutzkonzepte (§ 37a SGB IX) eingeführt werden.
- Dass das Gewalthilfegesetz mit Rechtsanspruch auf barrierefreie Beratung und Schutz in Frauenhäusern kommt.
- Dass Präventionsmaßnahmen, die Empowerment, Partizipation und Selbstbestimmung stärken – flächendeckend auch in Einrichtungen vorgenommen werden.
- Dass Täter*innenarbeit mit behinderten Tatpersonen durchgeführt wird.
- Dass das Ziel der Deinstitutionalisierung gemäß UN-BRK verfolgt wird.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Wir stärken den Gewaltschutz in der Behindertenhilfe."
- "Wir wollen Gewaltkriminalität bekämpfen und insbesondere Frauen besser schützen. Deshalb verbessern wir den strafrechtlichen Schutz von Frauen und besonders verletzlichen Personen wie Kindern, gebrechlichen Menschen und Menschen mit Behinderung durch ein neues Qualifikationsmerkmal bei den Tatbeständen von Mord und prüfen dies bei gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub."
- "Wir verschärfen den Tatbestand der Nachstellung und den Strafrahmen für Zuwiderhandlungen nach dem Gewaltschutzgesetz und schaffen bundeseinheitliche Rechtsgrundlagen im Gewaltschutzgesetz für die gerichtliche Anordnung der elektronischen Fußfessel nach dem sogenannten Spanischen Modell und für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Täter. Die Verwendung von GPS-Trackern nehmen wir im Stalking-Paragraphen auf. Hersteller von Tracking-Apps sollen verpflichtet werden, das Einverständnis der Gerätebesitzerinnen und -besitzer regelmäßig abzufragen."
- "Wir prüfen, inwieweit angesichts der gestiegenen Gewaltkriminalität und der Gefährlichkeit gefährliche Körperverletzungen mittels einer Waffe oder eines Messers beziehungsweise mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung künftig als Verbrechen geahndet werden können. Für Gruppenvergewaltigungen wollen wir den Strafrahmen grundsätzlich erhöhen, insbesondere bei gemeinschaftlicher Tatbegehung, bei Vergewaltigung und bei Herbeiführung einer Schwangerschaft."
- "Wir schaffen ein umfassendes Digitales Gewaltschutzgesetz, um die Rechtsstellung Betroffener zu verbessern und die Sperrung auch anonymer Hass-Accounts mit strafbaren Inhalten zu ermöglichen."
- "Gewaltfreiheit ist ein Menschenrecht. In Umsetzung der Istanbul-Konvention und der EU-Gewaltschutzrichtlinie begleiten wir eng die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes und entwickeln die Gewaltschutzstrategie des Bundes zu einem Nationalen Aktionsplan fort. Wir ergreifen weitere Schutzmaßnahmen für betroffene Frauen: Die Präventions-, Aufklärungs- und Täterarbeit verstärken wir und stärken die Koordinierungsstelle Geschlechtsspezifische Gewalt in ihrer Arbeit. Die anonyme Spurensicherung soll es Betroffenen ermöglichen, dass Spuren ohne Strafanzeige gesichert werden können."
- "Die Wohnsitzregelung entwickeln wir fort. Wir wollen zum einen geflüchtete Frauen besser vor Gewalt schützen. Für Opfer häuslicher Gewalt wollen wir Erleichterungen bei Residenzpflicht und Wohnsitzauflage schaffen. Zum anderen werden wir die übrigen Ausnahmetatbestände reduzieren, damit die Wohnsitzregelung wieder zur Regel wird und nicht die Ausnahme bleibt."
- "Wir setzen uns dafür ein, die UN-Resolution 1325 "Frauen, Frieden, Sicherheit" und die UN-Frauenrechtskonvention konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln. Wir setzen uns ein für eine EU-weite Ratifizierung der Istanbul-Konvention als verbindliche Rechtsnorm gegen Gewalt an Frauen."
- "Wir setzen auf die Förderung von Mädchen und Frauen, insbesondere durch die Förderung des Rechts auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte."
Fazit
- Die Vorhaben im Koalitionsvertrag zum Gewaltschutz von Frauen sind positiv und zu begrüßen. Sie gehen an den meisten Stellen aber nicht konkret auf Menschen mit Behinderungen ein.
Forderung 19: Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen verbessern Das hat der DBR gefordert: - Dass alle erforderlichen medizinischen Leistungen für Menschen mit Behinderungen ohne eigene Kosten barrierefrei zugänglich sein müssen.
- Dass der Aktionsplan "barrierefreies und diverses Gesundheitswesen" konsequent umgesetzt wird, inklusive gesetzgeberischer Maßnahmen und Evaluation.
- Dass Transparenz über Barrieren in Arztpraxen geschaffen wird und Barrieren abgebaut werden.
- Dass eine klare Kostentragung für Assistenz im Krankenhaus und anderen Einrichtungen gibt und professionelle Assistenz finanziert wird.
- Dass eine gender- und geschlechtergerechte Versorgung sichergestellt wird.
- Dass Rehabilitation teilhabeorientiert weiterentwickelt, Zugang gewährleistet und Artikel 26 der UN-BRK umgesetzt wird.
- Dass sich die Hilfsmittelversorgung an Teilhabe orientiert und keine Zuzahlungen erforderlich sind.
- Dass Behinderung systematisch in Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe integriert wird.
- Dass Barrierefreiheit als Zulassungsvoraussetzung von Praxen eingeführt wird.
- Dass Patientenrechte und -beteiligung gestärkt werden.
- Dass Transparenz und Regelung zu Leistungen der Medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) geschaffen wird.
- Dass Patientenorganisationen strukturell gestärkt werden.
Das steht dazu im Koalitionsvertrag: - "Die Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln, Wirkstoffen und Medizinprodukten werden wir weiter verbessern und dazu die Nationale Pharmastrategie weiterentwickeln."
- "Medizinische Vorsorge, Behandlung und Forschung gestalten wir geschlechts- und diversitätssensibel (inklusive queere Menschen) aus und berücksichtigen dabei die speziellen Bedürfnisse in jedem Lebensabschnitt aller Geschlechter, zum Beispiel Geburt und Wechseljahre, sowie spezifische Krankheitsbilder wie Endometriose, Brust- und Prostatakrebs. Zugang zur Grundversorgung, insbesondere in der Gynäkologie, Geburtshilfe und Hebammenversorgung sichern wir flächendeckend. (...). Wir entwickeln das Gesundheitswesen und die Pflegeversorgung barrierefrei und inklusiv weiter."
- "Wir stärken den Grundsatz "Prävention vor Reha vor Rente". Wir setzen den Ü45-Check flächendeckend um. Wir wollen mit Reha-Leistungen diejenigen zielgenauer erreichen, die bereits in einer befristeten Erwerbsminderungsrente sind. Wir werden eine einfache, barrierefreie und digitale Beantragung möglichst vieler Leistungen ermöglichen. Den gemeinsamen Grundantrag für Reha- und Teilhabeleistungen werden wir vorantreiben."
Fazit
- Die Umsetzung des Aktionsplans für barrierefreies und inklusives Gesundheitswesen bleibt fraglich, vor allem wegen der Haushaltslage.
- Der DBR und die Verbände werden die konsequente Umsetzung verfolgen.
Alle Forderungen des DBR zur Bundestagswahl 2025 sind in Kurz- und Langfassung hier nachzulesen:
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