Missstände in der Intensivpflege beheben – Selbstbestimmtes Leben nicht antasten!

Berlin, 28. August 2019

Die Verbände im Deutschen Behindertenrat (DBR) sind sich in ihrer Kritik an dem aktuellen Gesetzentwurf zur Intensivpflege aus dem Bundesgesundheitsministerium einig. Darauf wiesen der DBR-Sprecherratsvorsitzende Horst Frehe und die VdK-Präsidentin Verena Bentele heute in Berlin hin: "Die Ziele des Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz – RISG teilen wir", erläuterte Frehe. "Die Regelungen, die im vorliegenden Entwurf formuliert wurden, bedeuten jedoch das Ende des selbstbestimmten Lebens vieler behinderter Menschen und eine massive Verletzung ihrer elementaren Menschenrechte". Der Gesetzentwurf sieht nämlich vor, dass Beatmungspatient*innen künftig regelhaft in stationären Einrichtungen und nur in Ausnahmefällen zu Hause leben dürfen.

VdK-Präsidentin Bentele, die im kommenden Jahr den Vorsitz des DBR-Sprecherrats von Horst Frehe übernehmen wird, wies auf die Gesetzesziele hin, die von den DBR-Verbänden unterstützt werden:

  • Die Bedarfe intensivpflegebedürftiger Versicherter sollen angemessen berücksichtigt werden;
  • es sollen verstärkt Anstrengungen zur Entwöhnung von der Beatmung unternommen werden;
  • eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Versorgung nach aktuellem medizinischem und pflegerischen Standard soll gewährleistet werden;
  • Fehlanreize und Missbrauchsmöglichkeiten sollen beseitigt werden.

Vor allem der letzte Punkt ist Bentele wichtig: "Bei der Intensiv- und Beatmungs-pflege gibt es teilweise massive Unter- und Fehlversorgungen", betont sie. Insbesondere bei Beatmungs-WGs wisse vielfach niemand, was hinter verschlossenen Türen geschehe. Gleichzeitig sind sich die DBR-Verbände darin einig, dass das selbstbestimmte Leben behinderter Menschen keinesfalls eingeschränkt werden darf: "Wir haben lange dafür gekämpft, dass Menschen mit Behinderungen auch mit einem hohen Pflege- und Unterstützungsbedarf mit Assistent*innen selbstbestimmt in der eigenen Wohnung leben können," unterstreicht Frehe. "Dieses Recht darf nicht angetastet werden," ergänzt Bentele.

Auch die weiteren Sprecherratsmitglieder Hannelore Loskill, Vorsitzende der BAG Selbsthilfe, und SoVD-Präsident Adolf Bauer äußern sich in diesem Sinne: "Lippenbekenntnisse zu Inklusion und Selbstbestimmung der Bundesregierung einerseits und ihre Gesetzesvorhaben andererseits stehen in einem krassen Wider-spruch," kritisiert Loskill und Bauer bringt es auf den Punkt: "Ziel des Gesetzes muss mehr Selbstbestimmung sein und nicht weniger".

Der DBR ist ein Aktionsbündnis der Behindertenverbände, Selbsthilfe- und Selbstvertretungsorganisationen in Deutschland und engagiert sich seit vielen Jahren für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Im DBR haben sich über 140 Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen vereinigt. Das Bündnis repräsentiert über 2,5 Millionen Betroffene. Für das Jahr 2019 hat die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) den Vorsitz im Sprecherrat des DBR übernommen. Vorsitzender des Sprecherrats ist ISL-Vorstandsmitglied Horst Frehe.

V.i.S.d.P.: Alexander Ahrens


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