Nachteilsausgleich ist kein Privileg

Staat muss Menschen mit Behinderungen im Nahverkehr fördern

1. Juli 2004 - Der Vorsitzende des Sprecherrats des Deutschen Behindertenrats (DBR), Walter Hirrlinger, hat die geplante Einschränkung von unentgeltlichen Bus- und Bahnfahrten von Menschen mit Behinderungen scharf kritisiert. "Die Betroffenen sollen erneut zur Kasse gebeten werden, obwohl sie bereits durch die Einsparungen der Sozialpolitik belastet werden."

Hinzu komme, dass Menschen mit Behinderungen immer noch in ihrer Mobilität behindert würden. Obwohl das Behindertengleichstellungsgesetz Barrierefreiheit einfordere, mangele es vielen Bussen und Bahnen und der damit verbundenen Infrastruktur genau an dieser Barrierefreiheit. Als Beispiel nannte er die Deutsche Bahn AG, die kürzlich erklärt habe, ihre 10 000 Fahrkartenautomaten aus wirtschaftlichen Gründen nicht barrierefrei umzurüsten. "Menschen mit Behinderungen werden also doppelt benachteiligt", so der DBR-Vorsitzende.

Hirrlinger forderte die Politik auf, den so genannten Nachteilsausgleich, mit dem ein Teil der eingeschränkten Mobilität der Menschen mit Behinderungen ausgeglichen werden soll, uneingeschränkt beizubehalten. "Beim Nachteilsausgleich handelt es sich weder um Vergünstigungen, Subventionen oder gar Privilegien. Der Staat federt damit lediglich die erhöhten finanziellen Aufwendungen von Menschen mit Behinderungen teilweise ab."

Der Gesetzentwurf des Sozialministeriums sieht vor, dass Menschen mit Behinderungen Busse und Bahnen künftig nur noch innerhalb des Nahverkehrsverbundes ihres Heimatortes und Arbeitsplatzes unentgeltlich nutzen dürfen. Ist kein Verkehrsverbund vorhanden, zählt der Landkreis. Bisher können sie den Nahverkehr auch in anderen Regionen Deutschlands unentgeltlich nutzen und zudem innerhalb eines Umkreises von 50 Kilometern um den Wohn- oder ständigen Aufenthaltsort Fahrten mit Zügen, die zum Nahverkehr zählen, machen.


Verantwortlich: Tanja Schäfer

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