DBR empfängt UN-Sonderberichterstatterin

Der Deutsche Behindertenrat (DBR) hatte am 24. November 2004 die Gelegenheit, sich in der Bundesgeschäftsstelle des Sozialverbands Deutschland (SoVD) in Berlin mit der UNO-Sonderberichterstatterin für Menschen mit Behinderungen, Sheikha Hessa Al-Thani, Prinzessin von Qatar, über den aktuellen Stand der deutschen und internationalen Behindertenpolitik auszutauschen.


Blick in den Saal: Die Vertreterinnen und Vertreter des DBR tauschten sich mit der UN-Sonderberichterstatterin Al-Thani über die deutsche und internationale Behindertenpolitik aus.
Die Vertreterinnen und Vertreter des DBR tauschten sich mit der UN-Sonderberichterstatterin Al-Thani über die deutsche und internationale Behindertenpolitik aus.
Brigitte Pathe vom SoVD und Mitglied des DBR-Sprecherrats gab der Berichterstatterin einen kurzen Überblick über die deutsche Behindertenpolitik und die errungenen Etappensiege hinsichtlich Gleichstellung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Verbände hätten mit der Einführung des Artikel 3 im Grundgesetz einen Paradigmenwechsel eingeleitet, der durch die Schaffung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) im Jahr 2002 erfolgreich fortgesetzt wurde. Allerdings müsse im Bereich der Prävention noch viel getan werden, so Pathe. Der DBR fordere daher ein Präventionsgesetz. Vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl Älterer und älterer Menschen mit Behinderungen reiche die aktuelle Pflegesituation derzeit nicht aus, um den steigenden Anforderungen in Zukunft gerecht zu werden. "Die Politik muss dringend nachsteuern. Wir gehen mit den ersten Schritten der Regierung in diese Richtung konform", berichtete Pathe.

Die UN-Sonderberichterstatterin hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Chancengleichheit behinderter Menschen weltweit sicherzustellen . Dazu wird sie die Situation von Menschen mit Behinderungen genau beobachten und den Vereinten Nationen berichten. Um herauszufinden, wie die UN-Nationen die "standard rules" umsetzen, hat das Büro einen Fragebogen an die Regierungen in der UNO und Nicht-Regierungsorganisationen (NGO`s) der verschiedenen Länder geschickt, in dem sie über ihre Fördermaßnahmen berichten und die Situation von Menschen mit Behinderungen in ihrem Land beschreiben sollen.


UN-Sonderberichterstatterin Sheikha Hessa Al-Thani.
UN-Sonderberichterstatterin Sheikha Hessa Al-Thani.
Aus Al-Thanis Sicht ist die deutsche Behindertenpolitik ein Vorbild für andere Nationen, da "in Deutschland jeder Einzelne zählt". Besonders beeindruckt zeigte sie sich nach dem Besuch eines Berufsförderungswerkes von der übergreifenden Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen, die sowohl auf psycho-sozialer und beruflicher Ebene stattfinde. "Ich habe den Eindruck, dass in Deutschland behinderte Menschen ganzheitlich auf ein normales Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden", sagte sie.

Besonders will sich Al-Thani dem Thema Frauen und Behinderung widmen. "Ich möchte das spezifische Problem der behinderten Frauen sichtbar machen. Sie werden doppelt diskriminiert." Chancengleichheit sei eine globale Aufgabe.

Dr. Sigrid Arnade vom Netzwerk Artikel 3 unterstrich das Anliegen des DBR, die Öffentlichkeit für die besondere Situation von Frauen mit Behinderungen zu sensibilisieren und spezielle Antidiskriminierungsmaßnahmen einzuführen: "Frauen mit Behinderungen sind noch weniger Wert als Männer mit einem Handicap. Sie sind verstärkt sexueller Gewalt ausgesetzt. Behinderte Mütter erhalten weit weniger Unterstützung als nicht-behinderte Mütter. Daher muss auch eine UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen diese Frauen in besonderer Weise berücksichtigen."


Brigitte Pathe bedankte sich im Namen des DBR für den Besuch und überreichte zu Dankeschön ein Berlin-Buch und einen kleinen
Brigitte Pathe bedankte sich im Namen des DBR für den Besuch und überreichte zu Dankeschön ein Berlin-Buch und einen kleinen "Buddy-Bär".
Al-Thani will sich bei den Verhandlungen um den Inhalt der UN-Konvention neben einem besonderen Artikel für Frauen mit Behinderungen dafür einsetzen, dass auch im übrigen Text an den entscheidenden Stellen Frauen zusätzlich explizit genannt werden.

Ihre ersten Reisen hätten bereits gezeigt, wie unterschiedlich der Entwicklungsstand im kulturellen und wirtschaftlichen Umgang mit Behinderung in verschiedenen Ländern sei. "Eins muss den Menschen in allen Gesellschaften klar werden: Behinderung, in welcher Form auch immer, wird früher oder später jeden von uns treffen. Daher ist es Ziel, Behinderung in Zukunft nicht als Sonderthema zu behandeln sondern im Sinne eines `politischen Mainstreamings` zu diskutieren", so Al-Thani.

Die Mitglieder des DBR freuen sich über den beginnenden Dialog mit der UN-Sonderberichterstatterin A-Thani und hoffen, dass der gegenseitige Austausch fortgesetzt wird.

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